SÜDEN
Mit den Iguaçu-Wasserfällen an der Grenze zu Argentinien und Paraguay besitzt der brasilianische Süden eine Attraktion, die zu den großen Naturschauspielen der Erde zählt und die sich kaum ein Südamerikabesucher entgehen lässt. Für Reisende, die mit sehr viel Zeit unterwegs sind, mag es sich durchaus lohnen, auch den Rest dieser kleinsten Landesregion zu erkunden. Gemein ist den Staaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul, neben einem gemäßigten subtropischen Klima, dass ihr Hinterland erst im Laufe des 19. Jahrhunderts vorwiegend von deutschen und italienischen Immigranten besiedelt wurde. Dieses Erbe spürt man nicht nur in den mit kleinen Dörfern gesprenkelten mittelgebirgsähnlichen Landschaften, sondern durchaus auch in den modernen Landesmetropolen, in denen sich deutsche Effizienz mit südländischem Flair verbinden.
Die Região Sul macht sieben Prozent der Landesfläche aus (etwa so groß wie Frankreich) und weist einen höheren Lebensstandard auf als die übrigen Teile Brasiliens. Die abseits der Küste vielerorts an Süddeutschland oder Österreich erinnernde Landschaft besteht aus Hügeln, Tälern, Flüssen, Wäldern und Wiesen, selbst das Klima ähnelt dem in der Heimat, im Winter fällt in den höheren Lagen sogar Schnee. Das mit Abstand wichtigste und beliebteste Ziel für internationale Reisende im Süden ist die Stadt Foz do Iguaçu mit dem einmaligen Naturspektakel der mächtigsten Wasserfälle der Welt in einem großen, länderübergreifenden Nationalpark. Die Fluggehege eines Vogelparks und das gigantische Itaipu-Wasserkraftwerk runden den Besuch ab.
Das 986 km entfernte Porto Alegre ist die größte Stadt des Südens. Viele Antiquariate, Cafés und eine bedeutende Buchmesse charakterisieren die Stadt der Literatur. Sie ist der Ausgangspunkt für Abstecher zu Weinorten, Blumenstädten oder in die Canyons der Nationalparks.
Die aus Sicht vieler Brasilianer attraktivste Stadt des Südens mit Insellage und etlichen Stränden ist Florianópolis im Bundesstaat Santa Catarina. Für einen Badeurlaub eignet sie sich wegen des kalten Winters jedoch nur im kurzen Sommer. In der Umgebung gibt es weitere Badeorte, von denen in der Hauptsaison die meisten aber ziemlich überlaufen sind, sowie mit Blumenau die bekannteste „deutsche“ Stadt in Brasilien, die sogar ein Oktoberfest nach Münchener Art pflegt.
Der Süden Brasiliens wird manchmal auch als Mini-Europa bezeichnet. Auf jeden Fall werden in keiner anderen Region des Landes die Brasilien-Klischees so wenig bestätigt wie hier. Es ist schon ein wenig skurril, in Brasilien auf deutsche Fachwerkarchitektur zu stoßen, Schweizer Käsefondue zu essen oder auf der Straße Deutsch zu hören. Viele Brasilianer finden dies romantisch, vor allem in Verbindung mit Schnee und winterlichen Temperaturen. Etwas abschreckend wirkt dagegen auf manche kosmopolitisch eingestellte und die Diversität schätzende Reisende, dass der Süden als besonders nationalistisch gilt und vor allem der Staat Santa Catarina bei Wahlen immer wieder als ausgewiesene Hochburg des Rechtspopulismus hervorsticht. Aber auch die starke Konkurrenz innerhalb des eigenen Landes ist für den Süden touristisch ein Problem: Denn insgesamt gibt es in Brasilien, diesem riesigen Tropenstaat kontinentaler Größe, einfach so viel Spannendes und Unbekanntes zu entdecken, dass es für die meisten Europäer interessanter, faszinierender und exotischer ist, das Fremde zu erkunden als einen Abstecher zu den bekannten und vergangenen Wurzeln zu unternehmen.
Auch wenn der Süden zweifellos seine Reize hat, so streifen die meisten ausländischen Besucher diesen südlichsten Zipfel Brasiliens doch meist nur aus einem einzigen Grund: den sagenhaften Wasserfällen von Iguaçu.
Klima und Reisezeit
Die Jahreszeiten sind in Südbrasilien deutlich ausgeprägt: Das subtropische Klima ist gekennzeichnet durch heiße Sommer (bis 35–40 °C) und milde Winter, in denen es aber in höheren Lagen zu Temperaturen um 0 °C oder darunter kommen kann. Eine angenehme Reisezeit sind daher die Übergangsmonate von September bis November sowie zwischen März und Mai.